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Waldemars Altarchiv

Der dritte Mann

Ahmad Schah Massoud

Müsste ich spontan die Frage beantworten, ob es einzelne Menschen gäbe, die an aller erster Stelle jener stehen, die den kalten Krieg gewonnen haben, das Sowjetimperium zur Kapitulation gezwungen, den Völkern Osteuropas die Freiheit gegeben und Deutschland die Wiedervereinigung ermöglichten, so wäre die Antwort Ronald Reagan und Johannes Paul II. Ich will mich dafür heute schämen, denn ich hätte den Dritten vergessen. Das hat er nicht verdient. Da ist es auch kein Ausgleich, dass er im Film immerhin schon zu Zeiten gespielt wurde, als noch niemand wusste, wie er wirklich aussieht (er war viel jünger, als sein Darsteller).

Am 09.09.2001 starb er nach einem Selbstmordanschlag durch Bin Ladens feige Banditen. Die Ouvertüre zum 11. September, weil das Mordgesindel glaubte, durch den Tod ihres gefährlichsten Feindes die Chancen verbessern zu können, die Herrschaft der Taliban auch nach 9/11 zu erhalten. Grund genug, sich seiner zu entsinnen.

„Den Löwen vom Panjshir-Tal“ hat man ihn genannt. Dort nahm er, der sich schon lange Zeit zuvor dem wachsende Einfluss der Sowjetunion in Afghanistan entgegen gestellt hatte, den bewaffneten Kampf gegen die Sowjetarmee nach deren Einmarsch 1979 auf und spielte im kommenden Jahrzehnt die zentrale Rolle im Widerstand der Afghanen gegen den sowjetischen Krieg, der von der Roten Armee mit erbarmungslosem Vernichtungswillen gegen die Zivilbevölkerung geführt wurde. Neun Großoffensiven mit zehntausenden von Soldaten schlug er laut Wikipedia zurück. Legendär in der Militärgeschichte wurde der Salang Tunnel, den er vorn und hinten sperrte und die darinnen gefangenen Panzerkolonnen vernichtete. Wer je das Erlebnis hatte, einen Afghanen, der diese Zeit erlebt hat, von ihm erzählen zu hören, spürt, was für eine besondere Ausstrahlung, Kraft und Autorität dieser Mann hatte und welches Charisma von ihm ausgegangen sein muss. Er war der Kommandeur, der maßgeblich in einem furchtbaren Krieg, der für die Menschen in Afghanistan so gar nicht kalt war, die zu der Zeit größte Militärmacht der Welt besiegte. 60% aller Verluste, die die Rote Armee in Afghanistan erlitten hat, sollen ihr seine Kämpfer beigebracht haben. Er führte diesen Kampf zur Befreiung seines Volkes, die Folgen gingen aber weit darüber hinaus.

Das Reich des Bösen, wie Ronald Reagan das bolschewistische Mordsystem zu dieser Zeit mit Recht genannt hatte, ökonomisch schon lange schwer angeschlagen und auf Getreideimporte aus dem Westen angewiesen, zehrte sich an diesem Krieg auf. Wirtschaftlich zu schwach, um die Verluste ausgleichen zu können, waren auch die menschlichen Folgen der immer neuen toten Wehrpflichtigen, die die Familien in der Sowjetunion zu begraben hatten, demoralisierend. Die bis dahin so aggressiv expansive Diktatur mit Weltherrschaftsambitionen begann zu wanken und innerlich zu zerbrechen. Am Ende gezwungen in Afghanistan zu kapitulieren und sich gedemütigt zurück zu ziehen, brachte der hektische letzte Versuch, sie durch Reformen zu stabilisieren, das System endgültig ins Rutschen und eröffnete den Völkern der Sowjetunion selber und denen ihrer Satellitenstaaten die Chance, sich zu befreien. Sie haben sie genutzt. Die entkräftete Armee einer bankrotten Weltmacht war kein Instrument mehr, andere Völker mit Gewalt einzuschüchtern, weil nicht mehr sicher war, dass sie diese Gewalt auch erfolgreich hätte einsetzen können. Afghanen unter Massouds Führung hatten das Beispiel für das Gegenteil gegeben und den Willen, militärische Macht zur Unterdrückung anderer zu verwenden, gebrochen.

Durchaus selber religiös, wollte er einen Staat nach demokratischen Regeln aufbauen, vom Islam kulturell geprägt, aber nach freiheitlichen Grundsätzen. Ein unbeirrter Feind der Salafisten und anderen religiösen Extremisten hätte er durch die Kraft seiner außergewöhnlichen Persönlichkeit den Beweis antreten können, dass Islam und freiheitliche Zivilisation sich keinesfalls ausschließen. Und Unabhängigkeit, auch von Pakistan, war sein Credo – und Verhängnis. Zu viele Kommandeure, die nur Krieg kannten, ein Wahnsinniger, der die Alleinherrschaft wollte und die Intrigen Pakistans standen dagegen. Am Ende kam durch die Unterstützung Pakistans, vom Westen beschämender Weise zugelassen, mit der Herrschaft der Taliban die Finsternis über das geschundene Land. Massoud blieb sich treu. Die Schlacht um Kabul der Zivilbevölkerung wegen vermeidend, hielt er den Norden des Landes mit seinen Truppen, ein Restafghanistan des Widerstands gegen den Steinzeitislam dort verteidigend. Es war der Brückenkopf der Hoffnung. Wenn es eines Beweises bedurft hätte, welche Bedeutung Massoud noch immer hatte, dann war es Bin Ladens Entschluss, ihn vor dem 11. September zu ermorden. Araber, die sich als Journalisten tarnten, verübten die Tat. Mit ihm in der Führung des neuen Afghanistan wäre die Geschichte anders verlaufen. Der Obermörder der al-Qaida hatte die Talibanherrschaft nicht retten können, aber dennoch strategische Weitsicht bewiesen.

Die wirkliche Tragik Ahmad Schah Massouds besteht darin, dass sein einzigartiger Kampf mit entscheidend zum Einsturz des gewaltigsten Unterdrückungsimperiums der Menschheitsgeschichte beitrug, wir alle dem unermesslich viel zu verdanken haben, doch seinem eigenen Volk Freiheit und Frieden bis heute verwehrt wurde. Vielleicht könnte dies ein Motiv sein, weshalb auch (und gerade) Deutsche weiter das ihre dazu tun sollten, den Afghanen die Teilhabe daran zu ermöglichen. Ob wir unsere Freiheit am Hindukusch verteidigen, mag dahin gestellt bleiben. Dass die Grundlage der Freiheit für alle Deutschen aber von Afghanen am Hindukusch erkämpft wurde, ist eine Tatsache, die nur sehr wenigen heute noch präsent ist. Glauben die guten Deutschen doch viel lieber an das Märchen vom guten Gorbi, der voll Pazifismus und menschenfreundlicher Gesinnung aus dem Nichts kam, um alle Grenzen zu öffnen. Ist auch einfacher, denn so lässt sich weiter ignorieren, dass man für seine Werte auch zu kämpfen bereit sein muss.

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Auch veröffentlicht bei cdu-politik.de

Über Waldemar Alexander Pabst

Undogmatischen Konservativer. Nazifeind, Antikommunist, entschiedener Gegner jedes religiösen Totalitarismus, Rassismus und nicht zuletzt der Verschwörungstheoretiker. Bekennender Israelfreund und das, was man einmal einen “Atlantiker” nannte. Vertritt uneingeschränkt das Gesellschaftssystem der freien Welt. Blog: https://schwarzoderweiss.wordpress.com/

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