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Waldemars Altarchiv

Warum ich mich der Initiative “Für eine Mitgliederbefragung zur €-Rettung in der CDU” nicht anschließe

Eurorettung, Griechenlandhilfe, kaum ein Thema bewegt die deutsche Politik derzeit so wie dieses. Und das mit Recht, denn es scheint mir eine Frage zu sein, die über Wohl und Wehe der nächsten Jahre in diesem Land entscheiden könnte.

Dennoch habe ich bislang nichts dazu geschrieben. Ich hatte nie ein Problem damit, eine Meinung zu äußern, auch und gerade dann nicht, wenn ich vorher wusste, dass man danach über mich herfallen würde. Darin liegt nicht mein Problem, das hat sogar einen gewissen Spaßfaktor.

Nur, ich bekenne mich dazu, ich habe in dieser Frage schlicht keine Meinung.

Es geht mir nicht darum, besonders glücklich zu sein, dass es den Euro gibt, im Gegenteil, der einzige Grund, dass ich ihn je akzeptiert hatte, liegt darin, dass er wohl Preis der Wiedervereinigung in Frieden und Freiheit (wie Adenauer immer so schön formulierte) war und die war mir jeden Preis wert. Ich habe auch keinerlei sentimentale Beziehungen zu Europa, die Vorstellung Vereinigter Staaten von Europa ist mir ein Graus, jede weitere Verlagerung von Kompetenzen von Berlin nach Brüssel hat meine Gegnerschaft. Und welchen Weg Griechenland geht, ist mir völlig gleichgültig, jedenfalls solange es nur die Griechen betrifft, meine solidarischen Gefühle sind fest auf der Nulllinie.

Dennoch vermag ich nicht “Nein” zu sagen. Ich verfüge nicht über das Wissen, welche Folgen ein griechischer Staatsbankrott für die Finanzmärkte und damit in unmittelbarer Konsequenz für unsere Wirtschaft und unser Leben hätte. Es mag sein, dass es richtig ist, dass es relativ folgenlos an uns vorbei ginge. Der eine oder andere hat es mir erklärt und das wäre ja auch schön so. Nur haben andere eine andere Auffassung und ich beziehe in einem Meinungsstreit nur dann Position, wenn ich mir meiner Meinung sicher bin. Im Sommer 2008 kannte außer beruflich Involvierten keine Sau eine US Bank mit dem netten Torwartnamen Lehmann. Als die Finanzkrise krachte und die Bushregierung fast panisch eine Bank nach der anderen samt Verpflichtungen übernahm, entschied sie sich bei Lehmann, darauf zu verzichten. Selbst dieser Regierung, in deren Beraterstab sich die Wallstreetboys die Klinke in die Hand gaben, erschien in jenem Fall die Rettung unnötig und der dazu notwendige Finanzaufwand einsparbar. Die Folgen sind bekannt. Die Reaktionen der frei und ungebremst handelnden Finanzmärkte, auf die kein politischer Einfluss mehr besteht, was konservative Denkfabriken in den USA jahrzehntelang zuvor so propagiert hatten (und jene bigotte Sekte, die sich Teaparty nennt, hat auch bis heute nicht gerafft, wen die Hauptverantwortung für das Desaster trifft), sind völlig unberechenbar und scheinen heute über mehr Finanzmasse zu verfügen, als vereinigte Staatshaushalte. Ich behaupte, dass niemand vorauszusehen vermag, wie diese auf eine griechische Insolvenz oder einen Eurozusammenbruch reagieren würden. Es glaube doch niemand, dass es möglich wäre, die DM vorher wieder zu schaffen und Deutschland aus den Folgen heraus zu halten. Die Gefahr eventuell unabwendbarer Bankenzusammenbrüche und deren Konsequenz für das Leben so gut wie aller in diesem Land, als eine mögliche Folge ist nicht auszuschließen.

Welchen Sinn macht es dann für die CDU, die Entscheidung, in welche Richtung man handeln möchte, in die Hände der Mitglieder zu legen? Natürlich ist es das Prinzip der Demokratie, dass Mehrheiten entscheiden. Aber zu einer Entscheidung gehört Wissen darüber, was Gegenstand der Entscheidung ist und das ist nun einmal nicht die Frage, ob man irgendwelchen Griechen Geld in den Rachen stopft, sondern welche Folgen es für uns konkret hätte, wenn man es nicht täte. Ich fürchte, der überwältigenden Anzahl der Mitglieder wird hierzu das Vorstellungsvermögen ebenso fehlen wie mir, aber nicht alle werden sich dazu bekennen.

Gefragt sind die Abgeordneten. Sie können sich im Gegensatz zu mir nicht zurückziehen, denn sie müssen entscheiden. An ihnen ist es, alles zu tun, sich eine Kenntnis zu verschaffen, die sie entscheidungsfähig werden lässt. Schon klar, graue Theorie, Entscheidungsfurcht und Opportunismus der hohen Mandatsträger sind zur Zeit in der Politik geradezu Karrierevoraussetzungen. Aber wer, wenn nicht ein Abgeordneter, hat Zeit und Möglichkeit, sich einen relevanten Überblick zu verschaffen. Und sie werden dafür gerade stehen müssen. Die Mitglieder der Partei sollten eines allerdings nicht versäumen, nämlich ihre Abgeordneten nicht aus der Verantwortung zu entlassen, sondern überall Veranstaltungen initiieren, in denen Rechenschaft über das Abstimmungsverhalten und die Gründe, die dazu geführt haben, verlangt wird. Dies könnte eine Methode sein, die Betroffenen zu zwingen, sich mit der Materie auseinander zu setzen und ihre Entscheidung nach ihrem eigenen Gewissen zu treffen.

Es steht außer Frage, dass die CDU in einer schweren Krise ist und dass das System Merkel aus einer Partei wieder einen Kanzlerwahlverein zu machen droht, dass inhaltliche Diskussionen verpönt, konservative Inhalte nicht mehr erkennbar sind, dass nach Umfrageopportunismus Politik gestaltet wird und die Folgen in Wahlen desaströse Ausmaße haben. Darum ist es Zeit, dringend die Reißleine zu ziehen und auch die Person der Bundeskanzlerin in Frage zu stellen, selbst wenn es weit und breit keine wirklichen personellen Alternativen gibt. (ein Friedrich Merz ist der allerletze, der mir dabei einfiele). Mitgliederentscheide sind eine sehr kreative Methode dafür. Nur eben nicht in einer untauglichen Frage, die den Horizont von weit über 90% der Mitgliedschaft zwangsläufig bei weitem übersteigt.

Angela Merkel kann man viel vorwerfen, was sie der CDU angetan hat. Das ist leider in diesem Jahr 2011 sehr deutlich geworden. Dennoch darf man fairerweise eines nicht vergessen, sie hat dieses Land erfolgreich durch die dramatischste Finanzkrise seit 1929 geführt. Unorthodox und entschlossen handelnd. Wir alle leben heute nicht viel anders als im Sommer 2008, weshalb man dies vielleicht nicht wahrnimmt, doch es hätte ganz anders kommen können, es war haarscharf. In der europäischen Krise kritisiere ich die Unentschlossenheit, mit der Angela Merkel bisher damit umgegangen ist. Dies hat der Position Deutschlands erheblich geschadet. Aber die Hoffnung aufgegeben, dass sie auch in dieser Krise erfolgreich steuern könnte, habe ich nicht.

Allerdings in der Frage, wie die CDU wieder zur führenden Kraft dieses Landes werden könnte, ist mir eine solche Hoffnung, es wäre mit Angela Merkel möglich, abhanden gekommen.

 

Über Waldemar Alexander Pabst

Undogmatischen Konservativer. Nazifeind, Antikommunist, entschiedener Gegner jedes religiösen Totalitarismus, Rassismus und nicht zuletzt der Verschwörungstheoretiker. Bekennender Israelfreund und das, was man einmal einen “Atlantiker” nannte. Vertritt uneingeschränkt das Gesellschaftssystem der freien Welt. Blog: https://schwarzoderweiss.wordpress.com/

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