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15.000.000.000 – oder warum der Atomausstieg trotzdem richtig ist

Mit 15 Milliarden Euro will sich die deutsche Atomindustrie den schrittweisen Ausstieg aus der Kernenergie vergolden lassen. Das ist dreist, auch wenn die Konzerne gerne vorgeben, durch das Aktienrecht dazu gezwungen zu sein. Wurde bei dem im Jahr 2000 angestrebten Austritt der rot-grünen Regierung noch ein Verzicht auf Schadensersatzforderungen mit den Energiekonzernen vereinbart, hat die schwarz-gelbe Regierung diese Klausel bei ihrem abermaligen Kurswechsel (Der Ausstieg aus dem Ausstieg und der Wiedereinstieg in den Ausstieg) nicht unterbringen können.

Dreist ist es deswegen, weil die Konzerne in den letzten Jahrzehnten schätzungsweise 80-200 Milliarden an Förderungen durch Bund und Länder erhalten haben. Gleichzeitig mussten die Konzerne auch nicht ansatzweise die Risiken, die durch den Betrieb von Atomkraftwerken entstehen können, tragen.

Wie solche Risiken aussehen können, konnte man vor 26 Jahren in Tschernobyl oder noch besser vor 1,5 Jahren in Fukushima sehen. Kritiker mögen anmerken, dass in Fukushima eine Naturkatastrophe der Auslöser war, doch wirklich schockierend ist das Krisenmanagement nach der Katastrophe. Japan steht wie kein anderes Land für Hi-Tech und Pflichtbewusstsein und doch präsentierte der Energiekonzern Tepco eine Posse nach der anderen, einen Dilettantismus, wie man ihn sich nicht mal bei der Planung der eigenen Geburtstagsparty leisten könnte.

Als Beispiel ein Ausschnitt aus einer Pressekonferenz des Tepcokonzerns, gehalten von Junichi Matsumoto:

„..dass radioaktiv verseuchtes Kühlwasser verschwunden sei, der Grund, die Leitungen auf dem verseuchten Gelände würden von wachsendem Gras durchlöchert.“.

Johannes Hano (ZDF): „Haben Sie gerade wirklich gesagt, dass sie radioaktiv verseuchtes Wasser durch Leitungen transportieren, die von Gras zerstört werden können“ ?

Junichi Matsumoto: „Nun ja, es war das erste Mal, dass wir Leitungen und Rohre über eine Wiese verlegt haben und ich denke, dass unsere Kenntnisse diesbezüglich nicht ganz ausreichend waren.“

Das alles passiert in einem Land, das voll auf Atomkraft gesetzt hat, dessen Atompolitik aber ebenso von knallharter Lobbyarbeit durchzogen ist. Die Japaner nennen diese Verbindungen „Atomdorf“. Mit diesem Begriff verbinden die Japaner alle der Atomstrom-Lobby verfallenen Menschen, als da sind: Politiker, AKW-Herstellerfirmen/Betreiber, Aufsichtsbehörden, etc. Dagegen wirken selbst deutsche Atomlobbyisten doch eher wie ein anständiger Bibelkreis.

Das alles aber ist auch das Land, das gezeigt hat, dass schlechte Informationspolitik bei einem GAU nicht auf diktatorisch geführte Länder, wie die ehemalige Sowjetunion, begrenzt ist. Das Land, in dem der Premierminister Stunden später via TV erfährt, das gerade ein Atomkraftwerk am Auseinanderfallen ist. Das ist auch das Land, in dem Tsunamischutzwälle für Atomkraftwerke nicht viel höher sein müssen, als der durchschnittliche deutsche Gartenzaun. Und das alles zeigt auch eine erstaunliche Naivität im Umgang mit Atomkraftwerken und deren Folgen.

Denn was geschieht mit den provisorischen Bauten, den geflickten Lecks, wenn die Gegend von Fukushima erneut durch ein Erdbeben getroffen wird? Halten diese dann einem neuerlichen Beben stand? In der ZDF-Doku „Die Fukushima Lüge“ konnte ein Ingenieur von Tepco diese Frage auch nach minutenlangem peinlichem Schweigen nicht beantworten. Sollte die Antwort auf diese Frage Nein lauten, wäre die Folge vermutlich eine offene Kernschmelze, ein Höllenfeuer, unlöschbar, wie es die Welt noch nicht gesehen hat. Japan, so wie wir es kennen, wäre nicht mehr existent. Ein Armageddon.

Zurück nach Deutschland. Hier kann das ja nicht passieren. Unsere Kraftwerke sind sicher. Sogar gegen Flugzeugabstürze. Wenn auch nur gegen ganz kleine Flugzeuge. Was anderes kann ja nicht passieren, oder? Wer glaubt denn schon ernsthaft das große Passagierflugzeuge in Atomkraftwerke krachen können. Und für die unwahrscheinliche Annahme, dass so etwas doch passieren könnte, stand schon der Vorschlag von Vernebelungsmaßnahmen im Raum (Ha, ha, ihr seht uns nicht). Und außerdem: Ein bisschen Glück braucht man ja auch als Atomkraftwerksbetreiber.

Und der ganze radioaktive Müll? Der muss nur 10.000 Jahre gelagert werden, dann ist es eh vorbei mit der Strahlung. Es weiß zwar keiner so recht, wie und wo das alles gelagert werden soll, aber irgendwann wird einem das schon noch einfallen. Wenn nicht in dieser Generation, dann vielleicht in einer der 100 nächsten Generationen, die sich mit dem Problem befassen müssen. Die Technik wirds schon richten.

Zur Erinnerung:

Vor ca 10.000 Jahren ging die letzte Eiszeit langsam vorüber, Japan war mit Asiens Landmasse verbunden, das schwarze Meer ein Süßwassersee. Die Menschheit entwickelte die Landwirtschaft, und konnte dadurch sesshaft werden und sich immer weiter verbreiten.

Schön das uns diese Menschen keine Zeitbomben hinterlassen haben.

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ZDF-Doku: Die Fukushima-Lüge – Ein Jahr danach
http://www.zdf.de/ZDFmediathek/beitrag/video/1576888/ZDFzoom-Die-Fukushima-Luege

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