//
du liest...
Waldemar

Die Fratze des Frühlings als Herausforderung der offenen Gesellschaft

Nicht, dass man das nicht vorher hätte wissen können, nur hat jetzt auch der Gutwilligste kaum noch eine Chance, es zu übersehen. Die Folgen des arabischen Frühlings sind nicht wirklich das Reifen demokratischer Blütenträume. Es brennen also Botschaften, werden Diplomaten ermordet und nicht nur die Amerikaner sind im Visier. In Khartoum war es die Deutsche Botschaft, gestürmt und niedergebrannt, wahlweise, weil irgendeiner in den USA ein idiotisches Video über den unfehlbaren Propheten ins Netz gestellt hat, der PRO Verein vor Moscheen in Deutschland Karikaturen gezeigt hat oder Graffiti Moscheen verunstaltet haben sollen. Der heilige Zorn der beleidigten Gläubigen brach sich Bahn.

Natürlich ist es Schwachsinn zu glauben, ein paar Tausend Sudanesen wären zufällig auf eines von Millionen Youtube-Videos gestoßen und hätten sich spontan vor der deutschen Botschaft zusammen gefunden, weil sie ja nichts besseres zu tun haben, als Deutschlands Debatte um PRO und die Salafisten ebenso täglich zu verfolgen. Doch selbst die, die das gern glauben möchten, werden sich den Folgerungen aus diesem Vorgang auf Dauer nicht entziehen können.

Die Geschehnisse mit dem Höhepunkt des grauenvollen Mordes von Bengasi sind nicht grundlegend neu. Schon die sogenannten Mohammed Karikaturen erfuhren ihre entsprechende Würdigung in der arabischen Welt und schon da stellte sich die Frage, wie es denn möglich wäre, dass sich der Durchschnittsaraber so engagiert für das dänische Pressewesen interessiert. Es sind herbei gesuchte Anlässe, die durch organisierte Netzwerke zu Eruptionen führen. Die arabischen Regimewechsel jedoch haben ein Klima geschaffen, das die Schlagkraft dieser Ausbrüche erheblich begünstigt, weil mehr und mehr Staatsführungen mit Sympathie und wenig polizeilicher Gegenwehr den Mordbrennern gegenüber stehen. Freie Wahlen führen eben nicht immer zur freien Welt, die neu entstandenen Demokratien im arabischen Raum haben Regierungen an die Macht gebracht, die unverhohlen die Religion zur politischen Prämisse machen, die Sorgen vor dem Weg in die theokratische Diktatur nicht unbegründet erscheinen lassen. Das blutige Regime des Sudan fühlt sich nicht mehr isoliert, sondern umgeben von neuem Verständnis, zeigt sich entsprechend dreist. Hinter dem fröhlichen Lächeln des demokratischen Frühlings werden Konturen einer bösen Fratze des Mittelalters sichtbar.

Dies trifft nur scheinbar in erster Linie allein die Völker dieser Staaten, vor allem jene Menschen, die gerade noch für die Freiheit auf die Straßen gingen, ihre religiösen Minderheiten, die um ihre Existenzgrundlage zu fürchten beginnen und den Staat der Juden, dessen Nachbarschaft noch aggressiver und unberechenbarer wird. Die Vorgänge der letzten Wochen zeigen es, sie fordern die ganze westliche Welt heraus. Die Welt der Aufklärung, der Meinungs- und Glaubensfreiheit, der Trennung von Staat und Religion, die über Jahrhunderte erstritten wurde. Der Mob stellt nichts weniger als die Forderung an die Gesellschaften anderer Staaten, deren Gesetzeslage an sein religiöses Empfinden anzupassen. Er unterstreicht es mit Hass, mit Gewalt und auch mit Mord. Sein Mittel ist die Einschüchterung, während gleichzeitig religiös geprägte Staatsführungen auf internationaler Ebene für sogenannte Blasphemieverbote streiten, z.B. die türkische Regierung sich auch schon mal ziemlich unverhohlen in deutsche Innenpolitik einmischt und muslimische Organisationen in Deutschland durch Fördergelder zu Dachverbänden aufbaut, die dann als Gesprächspartner des deutschen Staates entsprechende Anerkennung finden. Vollkommen übersehen wird, dass vermutlich nach wie vor die überwältigende Mehrheit der in Deutschland lebenden Zuwanderer muslimischer Religionszugehörigkeit ein ganz normales Leben als freie Menschen in einem freien Land führen möchte, aber gar nicht mehr in Diskussionen vorkommt und schon seit langem unter einen massiven Anpassungsdruck geraten ist, während die deutsche Mehrheitsgesellschaft weg sah und es für kulturelle Vielfalt hielt, Religionsverbände ungefragt zu ihren Interessenvertretern zu erklären. Für die Zuwanderer ist die schleichende Veränderung ihrer Lebenswelten längst Realität.

Denn sie verfolgen ein einheitliches Ziel, die theokratischen Regierungen nahöstlicher Prägung mit ihrer internationalen Lobbyarbeit, die Fanatiker in ihren Heimatländern, die von ihren Staatsführungen mehr oder weniger geduldet bis ermuntert zu den Botschaften ziehen und die Mörder mit al-Qaida Prägung, die aus dem Mob heraus ihr blutiges Geschäft beginnen. Sie wollen Einfluss nehmen auf unsere Welt. Sie testen die Reaktionen, die Kraft, mit der wir bereit sind, für unsere Werte einzustehen, sie testen, ob wir überhaupt noch die Strahlkraft der Freiheit ihren Völkern zu zeigen wagen, während wir in Wahrheit längst meinen, eine subtile Form des Rassismus, Menschen, die in archaischen Gesellschaften leben, wären gar nicht reif für die Freiheit und lebten sicher gern und besser unter Regimen der Finsternis, wozu das des Sudan ebenso zu zählen wäre, wie die Taliban, mit denen man unbedingt irgendeine Übereinkunft finden möchte. Sie fordern, keine Bilder ihres Propheten zu zeigen, weil es sie beleidigen könnte und erwarten unsere Akzeptanz, dass in ihren Ländern täglich Hetzfilme weit üblerer Art über Juden und auch Christen gezeigt werden, z.B. solche, wo die Juden beim Kinderschlachten gezeigt und die Protokolle der Weisen von Zion zur selbstverständlichen Wahrheit erklärt werden, unsere Akzeptanz, dass auf Christen der Verfolgungsdruck täglich steigt, während Juden schon lange weitgehend aus diesen Staaten vertrieben sind, dass zunehmend Kirchen und Kulturdenkmäler geschändet und zerstört werden, Frauen entrechtet und Minderheiten, wie Schwule, den Tod fürchten müssen; dass klerikale Radikale den Völkern dieser Staaten ihre Lebensweise aufzwingen. Waren es doch nur verschwindende Anteile der Bevölkerungen, die sich an den Exzessen beteiligten, die aber die politische Artikulation bestimmen.

Und ehrlicherweise haben die Staaten der freien Welt alles, was unter geforderter Akzeptanz aufgeführt wurde, schon hingenommen, es fehlt nur noch die Bereitschaft, auch die eigenen Gesellschaften anzupassen, die eigene Politik darauf auszurichten, beispielsweise den Schwanz beim iranischen Bombenbasteln endgültig einzuziehen, nicht von ungefähr trat auch die Hisbollah auf den Plan. An genau dieser Stelle sind wir jetzt angelangt. Allein dem dienten die Botschaftsstürme.

So geht weder um diesen Film, noch um irgendwelche antimuslimischen Aktionen provozierender Rechtsradikaler. Wer unmittelbar nach den Verbrechen von Khartoum und Bengasi nichts Besseres zu tun hat, als darüber die Diskussion aufzunehmen, zeigt nur eines, den Feinden unserer Freiheit die Schwäche, die sie erwarten. Er zeigt, dass ihre Gewalt einen ersten Erfolg hat, der ihnen bei den Karikaturen noch versagt blieb, zeigt, dass man bereit ist, ihnen Sonderrechte einzuräumen. Denn der Rechtsstaat hat bereits Regeln. Ist ein Film volksverhetzend, kann der, der glaubt er gehöre zu denen, gegen die gehetzt würde, juristisch dagegen vorgehen, ihn zu zeigen, fühlt sich jemand beleidigt, gibt es dafür entsprechende Normen, der Vatikan hat es anhand einer eher unterirdischen Karikatur gerade getan und wieder gelassen (ich frage mich gerade, was passiert wäre, wenn die Titanic einen sich einnässenden Mohammed auf die Titelseite gesetzt hätte). Es braucht keiner politischen Verbotsverfügungen und schon gar keiner Gesetzesinitiativen, denn diese griffen nur, wenn das Zeigen dieses Streifens sich in Wahrheit im Rahmen der geltenden Rechtslage bewegte. Die deshalb ändern zu wollen allerdings, wäre dann tatsächlich die Einschränkung der Meinungsfreiheit als Folge der Erpressung durch die Gewalt. Wer dies heute fordert, erschreckender Weise sind es führende Unionspolitiker, wie Friedrich oder gar Bosbach, der AKP-Lobbyist Polenz lässt sich vernachlässigen, bei dem weiß man es ja, der betreibt ebenso aktives Appeasement, wie ein Westerwelle, der sich nicht entblödete, als Reaktion auf die Botschaftserstürmung sich für jenes Filmchen zu entschuldigen, das ein Bekloppter in den USA produziert hat. Haben wir nicht gelernt, wohin Appeasement gegenüber Gegnern führt, denen es nicht um Kompromiss, sondern um das Ganze geht, die keinen Respekt vor Leben und Werten kennen, die jede Gesellschaft der Freiheit hassen und verachten? Karikaturen und Blasphemie sind Teil der Meinungsfreiheit und die ist nicht verhandelbar. Über Hetze, s.o., entscheidet das vorhandene Recht. Wer auch nur einen Schritt vor den Mordbrennern zurückweicht, der stellt das zur Disposition.

Unsere Werte verteidigen wir, den Respekt vor uns erringen wir nur mit einem, mit deutlicher Härte gegenüber denen, die uns angegriffen haben. Mit klaren Worten und Handeln gegenüber den Regierungen, die es geduldet oder gar gefördert haben. Über den Film, die Graffiti, den Umgang damit kann man gern zu einem anderen Zeitpunkt diskutieren. Aber niemals im Zusammenhang mit den Verbrechen der letzten Woche. Denn jede solche Diskussion ist der Kotau gegenüber Verbrechern. Nicht wir haben uns bei denen zu entschuldigen, sondern deren Regierungen sich bei uns. Diesen Satz allein hätte ein Westerwelle sprechen müssen. Die diplomatischen Beziehungen zum Sudan, der den Mob toben ließ, gehören kommentarlos ebenso eingefroren, wie jede Finanzierung von Projekten dort, sofern es solche noch gibt, beendet. Wenn der Sudan keine Freundschaft zu Deutschland will, sollte Deutschland endlich zur engagierten Unterstützung des Südsudan übergehen. Die machte ohnehin Sinn.

Es ist Zeit für eine Politikwende. Sie ist unser ureigenes Interesse ebenso, wie das der Menschen jener Völker, deren Führungen die Welt unter die Knute einer Religion bringen wollen.

___________________________________________________________________________________________________________

Auch veröffentlicht bei cdu-politik.de

Über Waldemar Alexander Pabst

Undogmatischen Konservativer. Nazifeind, Antikommunist, entschiedener Gegner jedes religiösen Totalitarismus, Rassismus und nicht zuletzt der Verschwörungstheoretiker. Bekennender Israelfreund und das, was man einmal einen “Atlantiker” nannte. Vertritt uneingeschränkt das Gesellschaftssystem der freien Welt. Blog: https://schwarzoderweiss.wordpress.com/

Diskussionen

Ein Gedanke zu “Die Fratze des Frühlings als Herausforderung der offenen Gesellschaft

  1. „Sie ist unser ureigenes Interesse ebenso, wie das der Menschen jener Völker, deren Führungen die Welt unter die Knute einer Religion bringen wollen.“

    Es ist ja mal wieder alles viel schlimmer. Im Windschatten der Moslems bewegen sich ja die Leute, die nichts gegen eine größere Macht für die religion haben, auch wenn es eine andere Fraktion ist. Allein die Forderungen nach Verschärfungs des 166 (Stoiber verlangte das schon bei den Karikaturen.) sollten da hellhörig machen.

    Verfasst von Bill Brook | 19. September 2012, 08:07

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit Deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Twitter-Bild

Du kommentierst mit Deinem Twitter-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit Deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s

%d Bloggern gefällt das: