Deutschland hat ein Asylrecht. Deutschland hat ein Asylrecht, das nur wenig Freunde hat. Zu restriktiv, man hätte es geradezu abgeschafft, schreit die Linke, es kommen immer noch zu viel, der Rechte. Es wurde Anfang der 90er geändert, als es in der Tat in nicht tolerierbarer Größe zur Umgehung von Einwanderungsrecht genutzt wurde. Zu Recht und es ist eine linke Legende, dass dies die Folge des mörderischen Pogroms von Rostock-Lichtenhagen war. Die Auseinandersetzung wurde zu der Zeit schon viele Jahre geführt, sie war faktisch abgeschlossen. Gesetze, die auf allen Seiten nicht gemocht werden, sind wahrscheinlich gute, weil sie in der Tat die Mittelpositionen zwischen unversöhnlichen Meinungen darstellen. Gesetze sind nichts Ewiges und sollten stets neu auf den Prüfstand der aktuellen Situation gestellt werden.
Solange sie aber gelten, sind sie umzusetzen. Menschen, die in unser Land gelangen, denen eben jene Gesetze die freie Wohnungswahl ebenso untersagen, wie die Aufnahme einer Arbeit, müssen untergebracht werden, dazu bedarf es Unterkünfte. Seit Anfang der 90er ist viel geschehen und manches davon ist nicht negativ. Wer der Ansicht ist, dass Heime für Asylbewerber ganz und gar unerträgliche Benachteiligung der Nachbarschaft wäre, lebt in der Welt seiner Vorurteile und nicht in der Realität. Eine Menge hat sich in den vergangenen 20 Jahren geändert und es gibt inzwischen ganz andere Problematiken. Sarkastisch ließe sich formulieren, dass der unerforschliche Geist unseres Ausländerrechts nicht selten denen, die sich hier integrieren möchten, arbeiten und einfach unter uns leben, die Existenz am schwersten machte, während jene, die wirklich auf intolerante Weise die Gesellschaft ändern wollen und schon mal als Salafisten das Niederstechen von Polizisten normal finden, „Du Jude“ zum Schimpfwort auf Schulhöfen gemacht haben oder ab und an nicht zu ihnen gehörende Jugendliche zu Tode treten, meist längst deutsche Staatsbürger sind. So weit, so schlecht, so diskutabel.
In Marzahn-Hellersdorf wurde eine Unterkunft eingerichtet. Das mag im Vorfeld nicht wirklich sinnvoll kommuniziert worden sein. Das Geschehen dort aber macht die Diskussion darüber obsolet. Es rotten sich Menschen zusammen in bewusster Anlehnung an die widerlichen Ereignisse von Rostock. Sie protestieren gegen Menschen. Sie bauen Bedrohungskulissen gegen jene auf, die dort einziehen sollen, übrigens nicht aus freiem Willen, sondern weil das Gesetz es bestimmt. Sie machen Angst, weil sie Angst machen wollen, weil sie glauben, damit vertreiben zu können. Ihr Protest, behaupten manche, richte sich gegen die Umstände, unter denen die Unterkunft errichtet wurde. Ihre Methode aber ist das Verängstigen von einzelnen Menschen, damit sie flüchten und die Einrichtung auf diese Weise verhindert werde. Wer so handelt, hat jedes Anrecht auf ein Gespräch verspielt. Jene, die dort mit Progrom drohen, sind nichts als das Niederste, was das menschliche Geschlecht hervorbringt. Der Mob, der sich heiß macht, um auf anderere loszugehen, auf Menschen, die nicht einmal verstehen, was dort geschieht, an einem Ort, an den sie der Staat geschickt hat. In dieser Situation spielt keine Rolle, aus welchen Motiven diese Menschen hier sind, was sie in ihrer Heimat erlebt haben mögen oder auch nicht, ob die Unterkunft zu groß wäre, das Asylrecht richtig oder falsch. Wer andere aus der Masse heraus bedroht, wer andere als Teil der primitiven Menge angreift, ist Dreck, Dreck und Dreck. Unerheblich, ob da jemand noch den Hitlergruß zeigte, ein paar Neonazis aufhetzend mitmischten; besser als mit Nazi, ist dieser Mob mit Ku-Klux-Klan in ostdeutscher Bierbauch-und-Sandalen-Ästhetik beschrieben. Gefährlich wird er vor allem durch die sympathisierenden Zuschauer, die ihn agieren lassen, ihm Schutz bieten und deren mehr oder weniger stille Zustimmung anstachelt. Die gaffenden Anwohner mit der klammheimlichen Freude sind nicht ein Stück besser, als der Freak mit dem erhobenen Arm.
Mag sein, dass es wirklich Menschen gibt, die grundsätzliche Probleme sehen, wie die Einrichtung geplant wurde und wie sie betrieben werden soll. Sofern es sie gibt, sofern sie das Anrecht ein Gespräch haben wollen, sind sie aufgerufen, sich gegen den Mob und vor die Menschen zu stellen, die verstört der Bedrohung ausgesetzt sind. Dann und nur dann erst, kann eine Diskussion entstehen. Heute sind es Gutmenschen, Antifas und andere Linke, die die Gegendemonstranten stellen. Wahrlich nicht jene, mit denen ich mich gemein mache. Sie sind und bleiben meine Gegner, die organisierte Antifa, wie man in Göttingen sehen konnte, kein Stück besser als die Kameraden, die sie angeblich bekämpft. Aber ich möchte auch nicht wissen, was wäre, wären sie nicht da. Rostock-Lichtenhagen war real, wer will sich sicher sein, dass das Pack in Hellersdorf nur drohen will. Warum zur Hölle kann es keine Konservativen geben, die sich dort im Wortsinne vor die Opfer stellen und ‚bis hierher und nicht weiter‘ sagen? Wen die Couleur der Gegendemonstranten nervt, dieses furchtbar blöde und phrasige Gegen-Rechts-Gedöns, der übernehme es verdammt noch einmal selber. Wer sie bedrohlich findet, dem sei entgegen gehalten, in diesem einmaligen Falle ist ihr Hass auf den Pöbel auch meiner.
Nach allem was dort geschehen ist, darf es aus Prinzip, um der Rechtsstaatlichkeit willen, keine Zugeständnisse geben.
Hallo Waldemar Pabst,
unter einem undogmatischen Konservativen konnte ich mir bislang nicht viel vorstellen. Aber Ihren obigen Kommentar fand ich schon mal sympathisch.
Das hätte ich mir vor zwanzig Jahren auch nicht träumen lassen: Dass ich mit einem Konservativen eine gewisse Schnittmenge gemeinsam habe. Vielleicht liegt es daran, dass ich selbst konservativer geworden bin (Schreck lass nach) oder besser daran, dass mir Dogmen schon immer verhasst waren. 🙂