Ich würde mich konservativ nennen. Auf jeden Fall rechts von Mutti angesiedelt, bin Kommunistenfresser aus tiefster Überzeugung, schon dem Namen nach, nicht einmal an einen Tisch würde ich mich mit Mitgliedern der umbenannten SED setzen, halte Genderismus für bekloppten Humbug verbiesterter Emanzenreste, glaube nicht an die Klimareligion, bin für Atomkraftwerke, denke, dass die „Energiewende“ eine Katastrophe für dieses Land ist, verachte die Grünen als möchtegernasketische Verbotspartei, PC ist für mich ein gesellschaftliches Übel, bin bis auf die Knochen proamerikanisch, stehe zur NSA, bekenne mich zu Israel ohne jede Einschränkung, stelle mich den Ansprüchen von Islamverbänden entgegen, halte weder etwas von Doppelstaatsbürgerschaften noch von generellen Grenzöffnungen, sehe Adenauer, Strauß, Kohl als meine politischen Präger und Ronald Reagan gilt mir neben F.D. Roosevelt (letzterer deshalb, weil ich glaube, dass der bewusst die Japaner zum Angriff provoziert hat, um in den Kampf gegen Hitler eingreifen zu können) als der größte Präsident des vergangenen Jahrhunderts. Kurz und gut, ich bin ein Dinosaurier und fühle mich dabei wohl.
Wie fast jede Spezies umgibt sich auch der politische Dinosaurier von Zeit zu Zeit gern mit seinen Artgenossen, besonders wenn man vom Aussterben bedroht ist. Man muss nicht immer übereinstimmen, das gehört so, damit lässt sich klar kommen. Aber manchmal fallen einem Dinge auf, die aus dem Fundus des normalen kleinen Dissenses herausfallen.
Wenn ich nicht irre, war es Kristina Schröder, die von mir hoch- und von vielen unterschätzte Familienministerin, die Anfang des Jahres durch ein Interview ungewollt eine heftige Diskussion über das N-Wort in deutschen Kinderbüchern anstieß. Beiläufig hatte sie erwähnt, dass sie beim Vorlesen von Geschichten einfach den abwertenden Begriff durch einen neutralen ersetzen würde. Es brodelte heftig, insbesondere um die Neuauflagen der Kinderbücher von Astrid Lindgren und Otfried Preußler, wo sich die Verlage entschlossen hatten, von sich aus solche Ersetzungen vorzunehmen. Es war spannend festzustellen, welche Emotionen das Thema zu wecken wusste. Nein, weniger bei den Betroffenen, es waren vor allem meine Mitdinos bis hin zu Jan Fleischhauer, die leidenschaftlich debattierten. Zur Rettung von deutscher Sprache und Literatur, versteht sich. Ich fand das schon damals schräg.
Nicht, dass es keine Gründe gäbe, die Sprache und Literatur zu verteidigen, die Sprachvergewaltiger von der Genderfraktion schlafen nie, ebenso wie es politische Correctness gibt, die der offenen Gesellschaft Gegner ist. Allein, die Frage, ob ich einen Begriff, durch den sich andere Menschen herabgewürdigt fühlen, einfach durch einen anderen ersetze, auf diese Ebene zu bringen, hatte mir bis dato völlig fern gelegen. Ich bin halt schlicht gestrickt. Wenn andere es beleidigend empfinden, so genannt zu werden, nenne ich sie eben anders. Es ändert meine Sprache nicht, nicht einmal den Sinnzusammenhang der genannten Kinderbücher, im Gegenteil, Südseekönig passt entschieden besser zum Taka Tuka Land, das in der Südsee liegt und nicht in Afrika. Dort, wo der Begriff zu einem historischen Kontext gehört, würde er natürlich bleiben, ich bin pragmatisch und damit hätte es eigentlich sein Bewenden haben können. Schnell war festzustellen, mit dieser Ansicht reichlich allein zu sein. Zumindest unter Meinesgleichen, dass Linke gern N-Worte streichen ist nicht neu und mir eher egal, die stehen auch auf _Innen und andere echte Sprachverballhornungen, die übrigens keinesfalls dieselben Gefühlsaufwallungen hervorzurufen pflegen, höchsten milden Spott.
Alles was ich las, hatte mit Sprache zu tun, mit Kultur, mit dem semantischen Ursprung des Wortes Neger, das es vom lateinischen niger, nigra, nigrum abgeleitet wäre, auch nichts anderes als schwarz bedeutete, gar nicht abwertend wäre und überhaupt, Germanistik und Literatur bräuchten es einfach. Zugegeben, gegen derart hochgestochene Argumente kam ich mir ganz klein vor, mit meinem simplen Hinweis, da gäbe es außer Buchveränderern und Literaturverteidigern noch eine dritte Gruppe, die wäre einfach schwarzer Hautfarbe, insofern nämlich betroffen und die würde dies ganz neutrale Wort trotz aller intellektueller Begründungen schmerzen, weil es für sie jahrzehntelang als Zeichen des Menschseins zweiter Klasse verwendet wurde. So oft ichs versuchte, entweder ging man gar nicht auf mich Kleingeist ein oder es kam wieder die Definitionskiste, es wäre doch gar nicht böse, nur lateinisch und dass gerade die Schriftsteller es ganz anders meinten, es eben ein Begriff ihrer Zeit gewesen wäre und das müsse man respektieren (wo es doch dummerweise die Kinder von heute lesen). Eine Art Kreisdiskussion kam jedes Mal heraus, völlig empathiefrei für das Empfinden der anderen. Dabei gibt es in diesem Lande sogar eine Menge schwarzer Deutscher, die dieselbe deutsche Sprache und Kultur haben, wie meine Freunde und vor allem nur diese eine. Die ihren Kindern ebenso wie Kristina Schröder zum Einschlafen Pippi oder die Kleine Hexe vorlesen und wenig Lust verspüren, dabei eine abendliche Lehrstunde über das Wort Neger und seine Bedeutung im Wandel der Zeit zu halten. Es tut eben nur weh, den Eltern wie den Kindern. Da hilft keine Kulturdebatte. Aber selbst das Plastische, dieser doch ergreifende Leserbrief der Ishema Kane. erreichte nur die wenigsten. Vielleicht ist meine Weltsicht zu einfach, ist dies das tiefverborgene Linksgrüne in mir, sinnierte ich und überließ das Thema meiner Blogpartnerin, wollte besser nicht näher über die Motive meiner Freunde, die ich ansonsten gern habe, nachdenken.
Ich bin Achgutleser, klar, da bin ich politisch zu Haus. Nur selten stimme ich mit den Artikeln nicht überein, vor einer Woche gab es wieder einen, zum N-Wort, obwohl die Diskussion doch längst vorbei war, hier kam alles wieder hoch. Faszinierender denn je. Vor allem Erhellender, diesmal war es einfach nicht zu übersehen. Das Motiv. Über nicht weniger als 11 Seiten in der Druckversion breitet der Autor sich darüber aus, wie schrecklich und falsch es ist, den Begriff zu tauschen, wie schmerzlich es war, als der Verlag in der Neuauflage seines Kinderbuches das Wort ersetzte, es ist ein Text, der unglaublich viel Arbeit gemacht haben muss und alles nur, um eine Begründung dafür zu finden, Neger sagen zu dürfen. Ein Text voll der Empörung des sich zensiert fühlenden Kinderbuchautors, der so gar nicht verstanden hat, dass sein Buch nicht nur von einem schwarzen Jungen weit weg in Mali handelt, sondern genauso auch von schwarzen Kindern in seinem Deutschland gelesen wird, das ihnen die Heimat ist, zur deren Teil er am Schluss sein Lieblingswort erhebt.
Ich habe es verstanden. Ach lieber Autor, hättest du dir deine 11 Seiten gespart und nur die letzten drei Worte geschrieben, es wäre viel eher klar gewesen. Es geht nicht um Kultur, nicht um Sprache, schon gar nicht um Betroffene, die weit weg in deinen Gedanken sind und allenfalls abstrakt, es geht um den sinnlichen Genuss, dieses einzigartige Wort sagen zu dürfen. Angesichts der Gefühle, die sich Bahn brechen, muss es geradezu etwas Erotisches haben, Befreiendes, nicht weniger als 13 Kommentatoren, die sich erlöst fühlten.
Ich muss nicht verstehen, warum man so viel Tiefschürfendes bemüht, nur um andere Menschen mit Unschuldsgefühl verletzen zu können, ihr braucht es gar nicht. Sagt es, schreibt es, ihr dürft es, wir leben in einem freien Land. Schreibt Neger, Neger, Neger, wenn es so gut tut, fangt in den Kommentaren hier an, nur verschont mich mit euren Begründungen. Ich verspreche euch, ich werde keine Debatte jemals mehr darüber führen. Aber erwartet auch niemals von mir, eure Argumente ernsthaft zu prüfen.
Ansonsten verbleibe ich gern in der Dinoherde. Ich bin nur manchmal etwas anders.
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Auch veröffentlicht als Gastautor bei den Ruhrbaronen.
In diesem Lande heißt es gern: „Man muss doch wohl noch sagen dürfen…“. Nach dieser Einleitung kann man dann nach Belieben in alle Vorurteilstöpfe greifen bis hin zum Rassismus. „Neger“ bleiben dann einfach „Neger“ und „Jude“ wird als Schimpfwort gesehen. Von dieser Bande halte ich mich fern. Und das heißt, von möglichst fast allen…
“Man muss doch wohl noch sagen dürfen…”. steht sogar im Grundgesetz und hat was mit Meinungs-und Redefreuheit zu tun–bitte nie vergessen!!
Ebenso wie Lesen etwas mit Sinnentnahme zu tun hat.
Etwas besseres und trockeneres habe ich lange nicht gelesen. Danke dafür.
Merci
als Dinosaurier neigt man eben dazu, reflexhaft ablehnend gegen jeden Form von PC zu reagieren, auch wenn sie manchmal ihre Berechtigung hat (wie du überzeugend dargelegt hast):
http://aron2201sperber.wordpress.com/2013/01/26/der-kulturbolschewismus-der-politisch-korrekten/
ein verletzendes Wort nur deshalb nicht einfach auszutauschen, weil es ums politisch unkorrekte Prinzip geht, ist wohl ziemlich unvernünftig.
und eigentlich ist ja die Vernunft der Hauptgrund, warum wir gegen Kommunismus, Energiewende und eben auch politische Korrektheit sind.
Würden unsere polit-korrekten Blockwarte die Bücher ihrer eigenen, geistigen Vorbilder tatsächlich lesen, statt in blindwütiger Verehrung deren verwesten Ärsche zu küssen, müsste ihnen auffallen, welchen Rassismus sie in Wahrheit selber anbeten.
Hier sind die Namen von siebzehn linken oder links angehauchten Götzen, die in ihren Schriften Ausdrücke wie “Neger” oder “Nigger” verwendeten:
Karl Marx, Eduard Bernstein, August Bebel, Clara Zetkin, Heinrich Mann, Rosa Luxemburg, Erich Mühsam, Egon Erwin Kisch, Berthold Brecht, Erich Kästner, Kurt Tucholsky, Jura Soyfer, Jean Paul Sartre, Heinrich Böll, Günter Grass, Che Guevara und Rudi Dutschke.
Diese Aufzählung ist mit Sicherheit unvollständig.
Wäre es nicht längst an der Zeit, das gesammte, gedruckte Erbe dieser roten Rassistenbande in den Papiermüll zu werfen?
Wie wäre es damit, erst zu lesen und dann das übliche abzulassen?
Gelesen habe ich. Ob ich es verstanden habe, ist offenbar ´ne andere Frage.
Armes, dummes Oberarschloch
Danke für die Blumen. Und jetzt sag noch mal mehrfach kräftig Neger, dann geht es Dir gut.
Happy Weekend.
D´accord.